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Aus der Kirchengeschichte von Stockhausen

(Nach der Festschrift zur Wiedereinweihung unsere Kirche von Erich Johannes Schwarz, Stockhausen 1987, und der von Pfarrer Gustav Landmann, Pfarrer in Stockhausen von 1846 bis 1852, und von Lehrer Johannes Wasser geschriebenen Chronik, aus dem Kirchenarchiv entnommen und weiterbearbeitet von Hans-Jürgen Döll)

 

Stockhausen besaß zur Zeit der Einführung der Reformation zwei Gotteshäuser: Die Pfarrkirche und die außerhalb des Ortes am Weg nach Rudlos gelegene Kapelle „Zum Heiligen Kreuz“. Letztere war dem Heiligen Kreuz geweiht. Diese Kreuzkapelle wurde nach der Einführung der Reformation in Stockhausen im Jahre 1527 aufgegeben und später abgebrochen. Die Grundmauern dieses Gotteshauses waren noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts (1820) zu sehen. Dieses geht aus einer Bemerkung hervor, die Pfarrer Dr. Thomas Stock in den 1880er Jahren in die Kirchenchronik eingetragen hat.

 

Anmerkung: Vor ein paar Jahren wurden von Mitgliedern des Arbeitskreises Dorfgeschichte Stockhausen bei einer Schürfung Teile der Grundmauern wiederentdeckt.

 

Heute erinnert uns auch noch die Flurbezeichnung „Heiligkreuz“ an die ehemalige Kapelle.

 


Zur heutigen Kirche und deren Vorgängern:

Der Sage nach soll in der Nähe der Kirche -und zwar auf der nördlichen Seite derselben- eine Burg, nach anderer Darstellung ein Mönchskloster, das mit dem Frauenkloster der Zisterzienserinnen in Blankenau Verbindung unterhielt, gestanden haben. Mit der Annahme, dass eine Burg in der Umgebung der Kirche -vielleicht sogar an der Stelle der Kirche- gestanden hat, lässt sich möglicherweise die geschichtliche Nachricht verbinden, dass der ehemalige Abt des Klosters Fulda, Graf Berthold von Leibolz, in den Jahren 1265/66 die Burg Wartenbach bzw. Wartenberg als eine für Fulda gefährliche Raubritterburg mit den Burgen Blankenwald bei Blankenau, der Burg Bockenberg und der Burg Unterschlitz zerstört hat. Bei aller Ungewissheit darf jedoch mit Sicherheit angenommen werden, dass in früherer Zeit an der Stelle der alten Kirche oder in deren Nähe ein größeres Gebäude gestanden haben muss. Dafür spricht außer der Sage auch die Tatsache, dass auf dem alten Kirchhof der Vorgängerkirche entsprechende Mauerreste gefunden wurden und sich auf der nördlichen Seite der alten Kirche eine zugemauerte Tür befand, die sicherlich nicht als Eingang für die Dorfbewohner diente, sondern vermutlich den Zugang zur Kirche von der ehemaligen Burg bzw. vom Kloster darstellte. Gegen ein ehemals vorhandenes Kloster spricht allerdings die Tatsache, dass weder in den Urkunden von Mainz, noch in denen von Fulda ein solches erwähnt wird, hätte es doch -wie das Kloster Blankenau- auch zu Fulda gehört. Hiervon abgesehen wäre es kaum begreiflich, dass die Herren von Eisenbach ihre Schenkungen und Vermächtnisse zu Gunsten des Klosters Blankenau widmeten, wenn ein Kloster im eigenen Herrschaftsbereich vorhanden gewesen wäre.

 

Sicher ist, dass bereits 1361 eine massive, d. h. steinerne Kirche auf dem Bockelberg gestanden hat, die zerstört worden ist. Nur der Turm blieb erhalten. In einem Eckstein dieses Turmes war in alter, kaum lesbarer „Mönchsschrift“ übersetzt eingehauen: „Jener Chor ist im Jahre des Herrn 1361 errichtet worden“.

Im Gegensatz zur jetzigen Kirche stand die Vorgängerkirche -wie seit dem 5. Jahrhundert allgemein üblich- in Ost-West-Richtung mit der Altarnische und dem Turm im Osten. Um die Kirche herum lag der Friedhof. Er war mit einer alten, ungewöhnlich hohen Mauer umgeben und mit Obstbäumen bepflanzt. Etwas westlich vor der Kirche stand die Schulwohnung. An sie schloss sich die Schulstube an. Diese lag über einem Bogengang, der auf den Kirchhof und zur Kirche hin führte. Ebenfalls vor der Kirche, etwas östlich in der Richtung vom Turm nach der jetzigen Schulscheune zu, standen noch zwei Wohnhäuser, die dem Neubau der Kirche weichen mussten. Sie gehörten Heinrich Möller (Bockel) und Johannes Schaaf (Nachkommen u. a. Kiehhannesjes).

 

Vor dem Jahre 1805 wurden die Toten familienweise, also auf abgschiedenen Plätzen beerdigt. Dieser Brauch wurde hier 1805, in Rixfeld 1809 eingestellt und die reihenweise Bestat­tung eingeführt. Der Kirchhof, auf welchem auch die Toten von Schadges beerdigt wurden, stellte sich immer mehr als zu klein heraus. Um neue Verstorbene zu bestatten wurden Tote, die erst vor 12 bis 15 Jahren beigesetzt worden waren, wieder ausgegraben. Die Gemeinde wünschte, den Friedhof durch ein Stück des Pfarrgartens nach der nördlichen Seite hin zu vergrößern. Sie wollte den Pfarrer 4-fach entschädigen. Pfarrer Ebel war damit aber nicht einverstanden, und so wurde der jetzige Gottesacker auf dem Landstück angelegt, mit welchem der Pfarrer entschädigt werden sollte. Am 8. Mai 1840 wurde der neue Friedhof eingeweiht. Die Gemeinde Schadges hatte während dieser Zeit bereits einen eigenen Fried­hof angelegt.

Zur Unterhaltung der alten Kirche waren immer wieder Aufwendungen nötig, hier einige Beispiele:

In der Zeit nach der Einführung der Reformation schien die Kirche nach den Kirchenrechnungen von 1580 ziemlich baufällig gewesen zu sein, da mehrere Reparaturen an den Mauern und dem Dach erwähnt werden. 1580 musste an der Uhr (Awer), den Glocken und dem Taufkessel geflickt werden. 1583 erhält der „Opfermann“ einen Gulden: “Soll er in Frankfort ein Operstock kaufen, die almusen Gaben darein zu thun“. Eine Nota zur Rechnung von 1599 bemerkt: “Dass Jar ist yn der Sacristy gebrochen und sind die Diecher vom Altar all gestolen worden“. 1602 wurden zu Fulda ,,6 Schrau­ben in die Kirch, die Lichter drauf zu stecken und zwei Pfund Licht uff den Christag in die Metten kauft.“

„Auf Michaelis des 1604 Jahrs hat der Ehrenveste und Mannhafte Georg Wiessbach von Rossbach aus der Wetterauw burtig aus christlicher lieb undt neigung gegen das H. Predigampt die Kirch zu Stockhausen zur renovieren mit ausswendig und innwendig, wie auch das Dach uff der einen seite in Frieden von neuwen zu legen Funff­sig Gulden Reichs-Müntze gegeben“.

Von 1616 an beginnen die Reparaturen aufs Neue und ziehen sich durch die Zeit des 30jährigen Krieges hindurch, bis um das Jahr 1655 eine Hauptreparatur der Kirche vorgenommen wurde.

Mitten unter den Stürmen des Krieges 1631 und 1632 wurde auf dem alten Turm der Kirche noch ein Stück Mauer von 9 „Fuss“, etwas enger als die untere Mauer, und ein neues Dach errichtet. “Soll der Mauw­rer Meister Georg den thurm 9 Schuh hoch aufführen fürs u. Hauptgesims auch 4 durch gehente Doppelfenster mit gesprengt oder Laubwerk wie in gleichen ecksteinen Gesimmisstücken undt allem so ohne Steinarbeit. Zu solchem angefangenen Werk von nöten ist, ist ihm da­gegen für seine arbeit versprochen 50 fl R.M. item frey Losement für sich undt fr. seine Gesl.“

Die Kosten betrugen 489 fl (fl=Gulden) 4 alb. (alb=Albus) 3 Pfg. - 200 fl wurden von dem Pfarrer M. Philipp Dippel in Crainfeld, dem Schwiegervater des hiesigen Pfarrers Johann Peter Köhler, aufgenommen. Das übrige Geld dagegen durch „Ausschlag“ auf die 239 ,,Hausgesess“ in den 6 Dörfern der Pfarrei erhoben.

Stellen wir nun die Einzelheiten zusammen, welche aus der Zeit des 30jährigen Krieges in den Kirchenbüchern aufgeführt sind, so wer­den wir schon durch die jährlichen Unterstützungen von abgebrann­ten (,,verbrannten“) Leuten, von vertriebenen Geistlichen, von herumirrenden „Pfarrers- und Schullehrersweibern“ von nah und fern an die Schrecken dieses traurigen Religionskrieges erinnert, finden aber auch, dass er auch in hiesiger Gegend arg genug gewütet hat.

1623 erhält der „Fenstermächer“ 2 fl, 11 g (g=Gnacken) dafür, dass er die Fen­ster neu gemacht hat, welche die Bayrischen Soldaten ausgeworfen hatten. Die unge­wöhnlich zahlreichen Reparaturen an Fenstern und Türen in der Kir­che, im Pfarr- und Schulhaus in den Jahren 1626/27 und 28 lassen auf ähnliche Zerstörungen schließen.

1626, den 25. „Aprilis“, schreibt Pfarrer Elias Steg: „Hab ich zu Eisenbach Peter Pellingers Sohn getauft, hats der Schulz von Schlirff gehoben, waren wir damahls in grosser Gefahr wegen 8000 Ulanen, so im Riedeselischen Lande lagen acht ganze Tage und alles depopulirt; waren Walonen“.

1628 wurden 3 „Kopfstück verausgabt für 2 Fenster ins Pfarrhaus, so die Feinde zerschlagen“.

„1631 und 32 haben die Pappenheimischen ein Fenster im Pfarrhaus herausgerissen als sie nach Lauterbach zogen, haben die Tyllischen Soldaten eine Türe am Kälberstall verbrannt, Scheunen-, Kammer- und Kellerthüre zerschlagen, die Kirche aufgeschlagen, Pferde drein ge­stellt und verwüstet“.

Hinzu kommen noch die Reparaturen an Fenstern, Öfen und Wänden im Pfarrhaus und am Gartenzaun, der vollständig zerstört war. Man kann hier also mit Recht von einer schreckli­chen Verheerung sprechen.

Doch damit war das Ende noch nicht gekommen. Der damalige Pfarrer M. Johannes Steg, der erst vor einigen Jahren seinem verstorbenen Vater auf diese Pfarrstelle gefolgt war, starb im Jahre 1634. Johann Peter Köhler wur­de 1635 unter diesen traurigen Umständen sein Nachfolger. Derselbe beginnt die Rechnung von 1647 mit den Worten: “Weile die Kassenrechnungen von 11 Jahren als von 1636 bis 1646 alles in Susive wegen be­harrlichen und verderblichen Kriegswesens in Ermangelung und Aus­bleibung der Zinsen nicht haben können beschlossen werden, als sein sie zusammengesetzt und was ein jeder in verflossenen Jahren gegeben hat und was davon ausgegeben folgender Massen berechnet.“ Darin findet sich nun angemerkt, dass der Pfarrer den Winter über 1635 in das Schulhaus gezogen, dass die Fenster und Türen mehr­mals repariert und geflickt, die Fenster sogar mit Papier überzo­gen worden sind, ebenso dass die Fenster im Schulhaus, die Scheuer- und Stalltüren des Pfarrhauses, die Garten- und Kirchentüren und insbesondere die Glockenseile wiederholt beschädigt waren. Außerdem wurden 15 albus für den ,,verbranden Kirchbauw nacher Landenhausen gesteuert“.

An diese Einträge reihen sich einige gelegentliche Bemerkungen im Taufprotokoll, die sich indes mehr auf die Umgegend beziehen (wörtliche Abschrift):

1640 Hennen, Hans Hoffmanns Sohn von Freyensteinau allhier ge­tauft, war patrinus (Gevatter) Henn

Muth ibidem lagen damals mit ihrem Viehe anderer ihrer Nachbarn allhier wegen den streiffenden Partheim Wegmarischen Armade.

1642 Catharein, Henne Leuffers von Crainfeldt zum Zahmen, welche aus Furcht vor den bayrischen und kaiserlichen Soldaten geflohen waren, getaufft.

1643 Johann Casparn, Peter Schwartzens von Rixfeld, Sohn eines Reiters unter den Hessischen-Kasselischen Soldaten, getauft

1648 Evam, eines Polacken Reiters unter Obristen Columbans Regiment von Kayserlichen, so bei uns übernachtet und nach Fulda reisten, getauft in Michel Beyers Haus (hatten Polacken für 1 Jahr, die auch zu Angersbach, Frischborn und Engelrode unter Croaten Rittmeister Stanislao gelegen).

1648 Annam Elisabetham, Clauß Östreichs von Gunzenau, Tochter ungefähr um die fünfte Stunde (Morgens) getauft zwischen kriege­rischen Schaaren von Schweden, die nach Zahmen überzogen in Peter Östreichs Haus am Fest Pauli Bekehrung 25. Januar.

Johann Jörgen Clauß Windtlings? Mecklenburgisch Schwedische Reuterß vom Görtzischen Regiment Söhnchen zu Kleinlüder N. Haus getauft. Paten waren Reiter desselben Regiments.“

Nimmt man das alles zusammen und erwägt, dass es bloß Einzelheiten sind, so wird man eine traurige und doch noch sehr geringe Vor­stellung von jenen angstvollen Jahren erhalten und begreifen, warum der obengenannte Pfarrer Köhler in dem Taufprotokoll das Jahr 1649 mit den Worten beginnt:

„Gott gebe uns ein gut neweß Jahr

Und rett uns vor aller Gefahr“

 

und das Jahr 1650:

„Mach, Gott, daß uns glücklich sei das neue Jahr!

Ein Neweß Jahr von Frieden reich,

Von Güte Gottes auch zugleich

Verleih uns Gott vom höchsten Thron

durch Jesum Christum seinen Sohn

Im Kraft des Heiligen Geistes werth,

den alle Welt lobt, preißt und ehrt!“

Wie schlimm muss es noch in den ersten Jahren nach dem Krieg ausgesehen haben! Viele Scharen verunglückter, verarmter, vertriebener, verkrüppelter und heimatloser Menschen zogen im Lande umher. Die Rechnungen von 1650 bis 1670 führen hunderte solcher Leute an, welche aus der Kirchenkasse Unterstützung er­halten haben, und es war ein rechtes Gottesglück, dass nach 1650 mehrere gesegnete Jahre kamen, sodass man im Jahre 1658 in Stock­hausen keine Hausarmen mehr hatte.

Von 1655 an und in den folgenden Jahren nahmen größere und kleinere Reparaturen an der Kirche kein Ende und verursachten bedeutende Kosten.

1685 wird ein altes Stück Mauer auf dem Kirchhof weggeschafft. Es muss also ein altes großes Gebäude in der Nähe der Kirche gestanden haben, welches mit dem in der Kirchenrechnung von 1655 erwähnten „Toden-Beinhaus“ nicht verwechselt werden darf (waren es Überreste der von Abt Berthold von Leibolz im Jahre 1265 zerstörten „Bockenburg“?). Das „Toten-Beinhaus“ muss ganz nahe und zwar auf der nördlichen Seite der Kirche gestanden haben. Hier ist man beim Abtragen des Kirchhofs 1847 auf ganze Schichten von Knochen gestoßen. Als 1913 die Kirchenheizung angelegt wurde, stieß man beim Ausschachten auf ganze Reihen von Gräbern, in welchen die Totengebeine noch unberührt lagen, so wie sie einst gebettet wurden. Ein Hügel von Knochen und wohlerhaltenen Schädeln waren in der Kirche aufgeschichtet und verbreiteten einen atemberaubenden Modergeruch.

Eine neue Orgel wurde 1772 und 1773 von dem Orgelmacher Wegmann aus Frankfurt gebaut. Sie klingt heute noch in der Kirche in Ersrode (Gemeinde Ludwigsau) während den Gottesdiensten.

1775 wurde von dem Schlossermeister Joh. Heinrich Schmidt aus Stockhausen eine neue Uhr mit Stunden- und Viertelschlag gegen Überlassung der alten Uhr und für 100 Rthlr (=Reichstaler) und 11 fl „Douceur“ gefertigt. Zu diesen 100 Rthlr gab der Herr Obrist von Riedesel 11 fl, das Kirchenlegat 40 fl, die Kirche 50 fl und das Kirchspiel 50 fl.

„Beides aber, die neue Orgel wie die neue Uhr, machte den Meistern alle Ehre.“

Beschreibung der Vorgängerkirche

Bei der Kurzbeschreibung dieser alten Kirche hilft ein Inventarium über die geistlichen Gebäude in Stockhausen aus dem Jahre 1816:

„Die Kirche zu Stockhausen wird teils von den Gemeinden des Kirchspiels, teils von der Kirche selbst, teils von einem Kirchenlegat gebaut, von eben demselben unterhalten und ist von Steinen auferbaut worden, bis auf die Vorderwand noch in ziemlich gutem Stande, auf der nordwestlichen Höhe des Dorfes gelegen, in dem Brandasseccurationskataster S. 106 No. 13 mit 2.000 fl. (fl = Florin = Gulden) asseccuriert.

Das Schiff ist 17 ½ Fuß (1 Fuß = 30 cm) hoch, 38 Fuß breit, 42 ½ Fuß lang, mit einem deutschen Dach von Hohl- und Plattziegeln, First und Grat ohne Schiefer und Sturzblech, hat 3 Türen mit Gestellen (Gewänden) von gehauenen Steinen“ usw.


A der Turm

a/a Stühle für die herrschaftlichen Diener und die Kirchensenioren

(Kirchenvorsteher)

b Treppe auf die Orgelbühne

c Sitz für die „Baumänner“

d Altar

e Kanzel, an der Ecke zum Schiff; auf diese führte eine Treppe aus der Sakristei

f Sakristei

g Raum zur Aufbewahrung der Totenbahre

h Beisetzungsraum für die herrschaftliche Familie (hat nur eine Leiche enthalten)


B das Schiff

i/i „Frauenstühle“

k/k zwei Stühle für die weibl. Angehörigen des Pfarrers und Präceptors (Lehrer)

l der herrschaftliche Stuhl


C Treppe (außerhalb) zu den Emporbühnen für die Männer auf der Nord- und Westseite


D breite Türen ins Kirchenschiff; in die Sakristei (f) führte eine eigene kleinere Tür


E eine alte, zugemauerte Tür


Die Stühle a/a und k/k waren mit Gittern, der herrschaftliche Stuhl mit Fenstern versehen. Vor der Orgel, welche sich im Turm befand, und hinter dem Altar (d) hingen die Glockenseile in die Kirche herab.


Die Altarplatte war aus Sandstein, worauf die Namen der sieben ersten evangelischen Geistlichen eingehauen waren in folgender Weise:


Pastores.


D. Springelius Niger circa av 1575

M. Elias Steg circa av. 1602

M. Johannes Steg circa av 1651

D. Johann Peter Köhler ab auo 1635

D. Coburger per annum

D. Joh. Paul Habicht Lauterbac. ab av 1674

Joh.Wilhelm Streithoff.


Baulastpflichtige Gemeinden des Kirchspiels waren bis 1671 Altenschlirf, Schlechtenwegen, Steinfurt, Schadges, Rixfeld und Stockhausen. 1671 schieden Altenschlirf und Schlechtenwegen infolge „Lostrennung“ aus. 1844 wurden Steinfurt durch „Lostrennung“ und Rixfeld durch Erhebung zur „Filialgemeinde“ von ihrer Baulastverpflichtung befreit.

Eine Orgel war vermutlich ab 1655 vorhanden.

Als Zeugen der alten Kirche sind uns bis heute erhalten geblieben:

-Die jetzt in der Ebene der Altarwand befindliche Kreuzigungsgruppe, vermutlich aus dem

Jahre 1655.

-Der rechts neben dem Altar stehende Taufstein in byzantinisch/gotischem Stil,

möglicherweise aus dem 12./13. Jahrhundert.

-Unsere Glocke Nr. III, aus vorreformatorischer Zeit.

Die Zeit vor der Reformation

Die Nachrichten im Kirchenarchiv von den Geistlichen, der hiesiger Pfarrei, gehen nicht weiter zurück als auf den ersten evangelischen Pfarrer Springelius Niger um 1565. Die Frage, ob auch schon in katholischer Zeit ein Geistlicher hier gewesen und ein katholisches Pfarramt in unserer Gemeinde bestanden hat, dürfte aus folgenden Gründen zu bejahen sein:

Eine Nachricht von 1602 sagt: “Weiter hat die Pfarr Stockhausen auch ein Gütchen, so av 1565 daran gekauft worden. Darinne sind in specie nachfolgende Grundstücke:

1. das Pfarrhaus an Walter Salzmanns Haus gelegen sammt einer Scheueren und Saukoben,

2. ein Grasgarten hinter der Scheuer und ausserdem 4 Wiesen und Äcker.

Außer dem angekauften „Pfarrgütchen“ gehörten zur Pfarrstelle der Schmidtacker, 1602 der heilige Acker genannt, welcher nicht zu dem gekauften gehörte und schon vorher dazugehörig war.

Auch der schon 1602 vorhandene Besoldungsteil des hiesigen Pfarrers, spricht dafür, dass es schon vor der Reformation einen katholischen Pfarrer gab, nämlich ,,4 Viertel Hafer gibt der Probst zu Blankenau jährlich einem Pfarrherrn zu Stockhausen aus dem Kloster daselbst“, ein Viertel Hafer gibt der Pfarrherr zu Blankenau jährlich von ein Höfchen (“Hämelshöfchen“ in der Pfaffenwiesen)“.

Ebenso zeugt das um diese Zeit schon wohlgeordnete gesamte Besoldungswesen von allen Pfarrdörfern davon, dass die Pfarrei einen katholischer Pfarrer in Stockhausen gehabt hat.

Dazu kommt das Vorhandensein einer geräumigen Kirche (1324 wird Stockhausen „Kirchstoghusen“ genannt). Sicher ist, dass schon 1361 eine Kirche auf dem Bockelberg gestanden hat.

Die Bemerkung in einem Bericht des Pfarrers Köhler von 1664, ,,dass die Filialkirchen von undenklichen Zeiten her hiesiger Pfarrkirche seien zugetan gewesen“, und ,,dass ihre Voreltern von undenklichen Zeiten her auch wohl noch unter damaligen katholischem Wesen das Stockhäuser Joch getragen.“

Anmerkung: Am 23. Oktober 1527 wurde der evangelische Pfarrer von Herbstein, Kaspar Haun, welcher auch in Stockhausen predigte, von Abt Johann von Fulda seiner Stelle enthoben. Herbstein bekam wieder einen katholischen Pfarrer. Da trennte Hermann III Riedesel die dazu gehörigen Dörfer ab und wies Schlechtenwegen, Altenschlirf und Rixfeld zu Stockhausen, da dort ,,das göttliche Wort lauter und rein gepredigt werde.“

Stockhausen hatte also schon 1527 einen evangelischen Pfarrer. Auffallend ist es freilich, dass sich auch gar keine Nachricht aus katholischer Zeit oder von einem katholischen Pfarramt vorfindet.

Man sollte aber auch eine Notiz im Besoldungsverzeichnis von 1602 über den Acker im Gersters beachten: „Zwei garten Beettgen im Gerster so an die Pfarr von Pfaffhausen elig hie bevor gekauft worden.“ Anmerkung: Auch evangelische Geistliche werden öfter mit Pfaff bezeichnet, freilich nicht in freundlichem Sinn. Herr Prälat D. Dr. Diehl beantwortet die oben gestellte Frage kurz und bündig: „Stockhausen war schon vor der Reformation Pfarrort“.

Siehe Pfarrer und Schulmeisterbuch Band IV Seite 346.

Die alte Kirche war Mutterkirche

Die „alte Kirche“ müssen wir als Mutterkirche betrachten. Zu der Kirche oder Pfarrei in Stockhausen gehörten nämlich seit der Begründung der evangelischen Pfarrstelle 1527 die Gemeinde Stockhausen mit den Höfen Niederndorf und Vietmes, die eingepfarrten Dörfer Steinfurt und Schadges, die Filialdörfer Rixfeld, Schlechtenwegen und Altenschlirf, letzteres mit den zugehörigen Weidmoos und dem sogenannten Albers (Wüstung), zwei einzelnen Häusern, später der Schafhof genannt, zwischen Altenschlirf und Herbstein gelegen. Weidmoos und Nösberts gehörten zur Pfarrei Nieder-Moos und wurden 1672 mit der neugegründeten Pfarrei Altenschlirf verbunden.


Auffallend ist, dass Altenschlirf bis dahin als Filialgemeinde von Stockhausen erscheint, da es ehemals in kirchlicher Beziehung bedeutend war. Früher gehörte es mit seiner Kirche und Zehnten zur Probstei des Frauenberges bei Fulda. Seine Kirche wurde am 28. August 885 auf die Fürbitte des Fuldischen Abtes Sieghard von dem Erzbischof Liutbert von Mainz zu Ehren des Welterlösers, der heiligen Maria und des Märtyrers St.Vitus eingeweiht und hatte Besitzungen über Schlechtenwegen (Sliedenweke) bis nach Salzschlirf (altivioram Slierefam) und Landenhausen. Indes ist anzunehmen, dass diese Besitzungen im Laufe der Zeit sehr geschmälert wurden und wenn nicht schon vorher, so doch bei der Hinneigung hiesiger Gegend zur Refor­mation und deren wirklicher Einführung verloren gingen.

Jedenfalls war die Kirche in Altenschlirf nur eine Kapelle, von der es sehr zweifelhaft ist, ob sie jemals einen eigenen Geistlichen gehabt hat.

Durch die Freiherrn Riedesel, insbesondere durch Adolf Hermann, wurde eine evangelische Pfarrei in Stockhausen gegründet und diese da­nach durch Johann und Volprecht Riedesel mit 1110 fl dotiert. So kam es, dass sich die kleinen, noch dazu armen Gemeinden dieser gerne anschlossen. Ihr Anschluss an Stockhausen wurde natürlich auch dadurch erleichtert, weil sie keine eigenen Geistlichen hatten, sondern nur von Klostergeistlichen von Fulda abwechselnd, „regelmäßig und unregelmäßig“, besucht wurden.


1662 wurde das anfängliche Verhältnis umgeändert. So hatte der Pfarrer jeden Sonntagmorgen in Stockhausen, nachmittags dagegen abwechselnd in Altenschlirf, Schlechtenwegen und Rixfeld zu predigen. Die Konfirmation für die ganze Pfarrei wurde auf Himmelfahrt in Stockhausen gehalten.

1672 wurden Altenschlirf, Schlechtenwegen und Steinfurt von Stockhausen getrennt und bildeten mit Weidmoos und Nösberts eine eigene Pfarrei.


Kirchenneubau

Nach mehreren gewöhnlichen und ungewöhnlichen Reparaturen, die durch das Alter der Kirche notwendig wurden, fand nochmals eine größere im Jahre 1810 statt.

1833 wurde die südliche Seitenwand zum Teil durch eine Fachwerkwand ersetzt und die Decke der Kirche, die einmal während des Gottesdienstes furchterregend geknistert und sich ein Stück gesenkt hatte, durch eine Säule gestützt. Damit sind wir dem Ende dieses altehrwürdigen Gebäudes nahe gerückt.

Nach der Meinung der Leute hätte die Kirche noch lange zum Gottesdienst benutzt werden können, indessen war sie ein düsteres, morsches Gebäude geworden. Dazu kam, dass die zur Erhaltung der Kirchengebäude gemachte Stiftung von 600 fl (=400 Thaler) auf 40.000 fl angewachsen war, und dass der damals in Stockhausen residierende August Riedesel Freiherr zu Eisenbach und Erbmarschall zu Hessen dieses Geld in größerer Sicher­heit glaubte, wenn es zum Bauen einer neuen Kirche verwendet werden würde.

Der Baumeister wurde zur Begutachtung hinzugezogen und die Kirche dann unter Vorgabe großer Gefahr auf höheren Befehl plötzlich geschlossen. Am 1. Pfingsttagmorgen 1841 wurden vor dem Gottesdienst die Bänke aus der Kirche in den Saal des Herrschaftlichen Schlosses geschleppt, in dem von da an, bis zur Einweihung der neuen Kirche, die Gottesdienste abgehalten wurden.

Vier weitere Jahre vergingen, bis die Projektierung, die Verhandlungen über den Beitrag der Gemeinden Stockhausen und Schadges, den Verkauf der alten Kirche und der Orgel, die Lostrennung der Gemeinden Steinfurt und Rixfeld abgeschlossen waren.

Auch die beiden Häuser, von Heinrich Möller (Bockel) und Johannes Schaaf (Nachkommen u. a. Kiehhannesjes), die in der Nähe der alten Kirche standen, wurden gekauft. Im Herbst 1845 waren die Vorbereitungen soweit gediehen, dass die alte Kirche abgebrochen und einschließlich der Orgel an die Gemeinde Ersrode im Kurhessischen verkauft werden konnte.

Die Pläne für den Neubau wurden von dem Großherzoglichen „Oberbaudirektions- accesisten“ Louis gefertigt. Das Gebäude stellt sich dem Betrachter als längsrechteckiger, romanisierender Saalbau, mit eingebautem schlanken Frontturm dar. Dieser ist durch einen schiefergedeckten Spitzhelm mit achteckigem Grundriss abgedeckt. Das Kirchendach war bis zu einer Neueindeckung im Jahre 1934 vollflächig verschalt und mit Schiefer eingedeckt.

Die Außenfassade besteht aus roten Sandsteinquadern mit regelmäßigen Schichthöhen. Sie weist durch entsprechende Lisenen und Gesimsausbildungen in Sockelhöhe, Fensterbankhöhe, sowie Traufe und Turmgalerie eine gewisse Gliederung auf. Alle Öffnungen in den Außenwänden sind durch steinmetzmäßig bearbeitete Sandsteingewände eingefasst. Es ist ein schmaler rechteckiger Chor vorhanden, der Innenraum besitzt eine dreiseitige Empore.

Den größeren Teil der Bauarbeiten führten nachfolgende Firmen aus:

-Maurerarbeiten: Friedrich Fuchs, Angersbach

-Steinhauerarbeiten: Johannes Kühl, Landenhausen

-Zimmerarbeiten: Wilhelm Kurz, Stockhausen

-Schreinerarbeiten: Georg Dietz, Heisters

-Schlosserarbeiten: Heinrich Otterbein, Lauterbach

-Steintransporte: Johannes Wienold, Stockhausen

-Kalklieferung: Johannes Feldmann, Müs


Bereits im Herbst 1846 waren die Fundamentierungsarbeiten abgeschlossen und einige Fuß Höhe des Sockelmauerwerks ausgeführt. Am 10. Mai 1847 erfolgte, etwas verspätet, in feierlichem Rahmen und unter Beteiligung der Gemeinde, der Bauleute und zahlreicher Gäste die Grundsteinlegung.

Das für den Neubau erforderliche Steinmaterial konnte im Bereich des östlich von Stockhausen gelegenen Aspenwaldbornes gewonnen werden. Für die Kirchendecke und den Dachstuhl fand Floßholz aus den Wäldern des Spessarts Verwendung.

Am 1. November 1849 konnte man die feierliche Einweihung der neuen Kirche in entsprechendem Rahmen begehen. Leider war auch ein Todesopfer zu beklagen. Ein Dachdecker war bei der Verschieferung des Turmhelms abgestürzt und tödlich verletzt worden. Unser Kirchturm ist 38,50 Meter hoch!

Die Kosten des Kirchenneubaues wurden bis auf einen Beitrag der Gemeinde in Höhe von 100 Gulden durch das Kirchenlegat getragen.

 

Über die Jahre erfolgten verschiedene Renovierungen:

Wie von allen Kirchen mussten auch von unserer kurz vor dem ersten Weltkrieg Glocken abgegeben werden. Zwei Glocken, welche erst 1908 angeschafft worden waren, verließen unseren Kirchturm. Die beiden verbliebenen waren zu diesem Zeitpunkt bereits über 400 Jahre alt. Sie stammten noch aus vorreformatorischer Zeit. Erst 1927 konnte unser Geläute wieder vervollständigt werden, es wurden zwei neue Glocken eingesetzt.

Auch im zweiten Weltkrieg, am 8. Januar 1942, wurden wieder Glocken beschlagnahmt. Jetzt betraf es drei, die beiden 1927 angeschafften und eine der alten. Letztere konnte nach dem Krieg auf dem Hamburger Glockenfriedhof wieder ausfindig gemacht und zurückgeholt werden. Sie musste jedoch aufgrund der Beschädigungen, welche bei der Glockenabnahme entdeckt wurden, umgegossen werden. Durch eine sehr erfolgreich verlaufene Haussammlung konnten im Frühjahr 1950 die Aufträge zum Umguß der historischen Glocke und zum Neuguß von zwei weiteren Glocken an die Firma Grüninger, Neu-Ulm, erteilt werden. Am 24. Mai 1950 kamen diese Glocken in Stockhausen an, das Geläute war wieder vollständig.

Die 1950 umgegossene historische Glocke war 1970 gesprungen. Sie wurde noch im gleichen Jahr durch einen Neuguß ersetzt. Die zweite historisch wertvolle Glocke aus vorreformatoriischer Zeit versieht noch heute als Glocke Nr. 3 ihren aktiven Dienst. In jedem Gottesdienst erklingt sie als einzige während des Vaterunsers.

1966 wurde die vorhandene Turmuhr (Baujahr 1865) durch eine neue ersetzt. Diese wurde im Gegensatz zur Vorgängerin mit vier Ziffernblättern ausgestattet, sodass die Uhrzeit aus allen Richtungen gelesen werden kann.

Bis heute wurden immer wieder einige kleinere und größere Renovierungen und Reparationen vorgenommen. Eine schöne Kirche will natürlich gepflegt und unterhalten werden.

Das Kirchenlegat

aus GHdA Band 122, 2000, Adelslexikon
Stammwappen der Riedesel zu Eisenbach

Eine kurze Betrachtung zum Patronatsverhältnis des Hauses „Riedesel, Freiherren zu Eisenbach“ in Bezug auf Stockhausen:

Stockhausen kam im 15. Jahrhundert (1428) als fuldisches Lehen über das erloschene Geschlecht derer von Eisenbach an die Herren Riedesel und wurde 1713 im Vertrag mit Hessen-Darmstadt als reichsunmittelbarer Besitz der Riedesel Freiherren zu Eisenbach bestätigt.

Das katholische Kirchenrecht des Mittelalters wurde in wesentlichen Teilen von evangelischer Seite übernommen; so auch die Rechte des jeweiligen Patronats: Z. B. Vorschlagsrecht, d. h. Präsentationsrecht bei der Bestellung von Geistlichen, Ehrenplatz und Begräbnisstätte in der Kirche, Nennung im Kirchengebet usw. Dem standen Belastungsverpflichtungen für die Kirchen und kirchlichen Gebäude gegenüber. Mit Einführung der Reformation und den entsprechenden Regelungen zwischen Staat und Kirche erhielten die Riedesel Freiherren zu Eisenbach zu den Patronatsrechten auch die kirchliche Leitung über ihre Gemeinden. Bis zur Eingliederung des Riedeselstaates in das Großherzogtum Hessen 1806 setzten sich die Riedesel als Bischöfe ihrer Gemeinden für ihre Landeskirche mit großem Engagement ein. Die Riedeselische Kirchenleitung wurde durch das Riedeselische Konsistorium in Lauterbach verkörpert.

Die Patronatsrechte wurden in den Revolutionsbewegungen der Jahre 1848 bzw. 1918 erheblich eingeschränkt, d. h. bis auf die althergebrachten Patronatsrechte, nämlich Präsentation der Pfarrer, Nennung im Kirchengebet, Geläute beim Sterbefall eines Familienmitgliedes und besonderer Sitze in der Kirche.

Hier ist auch das Stockhäuser Kirchenlegat zu erwähnen. Es wurde gestiftet von Herrn Georg Riedesel Freiherr zu Eisenbach und Hermannsburg, Ihrer königl. Majestät in Großbritannien gewesenen Brigadier und Obristen. In seinem Testament vom 2. August 1687 hatte er bestimmt:

„So legiere und verschaffe ich dann erstlich denen Kirchen zu Lauterbach, Eisenbach und Stockhausen zur Conservation der Kirchengebäude und zwar einer jeden besonders 400Reichstaler... usw.“

 

 

Die Orgel

Die alte Orgel wurde 1701 durch den Orgelbauer Johannes Bien von Blankenau einer Hauptreparatur unterworfen, diese kostete 105 fl. 1 alb. Auch danach musste immer mehr daran ausgebessert und repariert werden, weshalb man sich entschloss, eine neue Orgel bauen zu lassen. Dies geschah im Jahr 1772 und 1773 durch den Orgelmacher Wegmann von Frankfurt. Die Kosten dieser neuen Orgel, sowie die vorerwähn­ten Reparaturen wurden aus dem Legatenfonds bestritten, die ersten Ausgaben, die aus den Zinsen dieses Fonds bestritten wurden. Die alte Orgel wurde von Rixfeld gekauft und von dem Orgelbauer Wegmann für 150 fl in brauchbaren Zustand gesetzt.

Die neue Orgel war sehr gut, war aber für die neu zu erbauende Kirche voraussichtlich zu klein. So wurde sie im Sommer 1844 in öffentlicher Versteigerung an die Gemeinde in Ersrode in Kurhessen für 510 fl verkauft.

Die neue Orgel wurde von Orgelbauer Förster in Lich erbaut.

Sie hatte vor dem Umbau folgende Register:

I. Manual:          Bourdon              16‘              II.Saliuonal           8‘    Pedal:

           Bourdon        8‘         Flöte dolce                8‘       Prinzip             16‘
           Prinzip  8‘         Gemshorn                    4‘   Subbaß     16‘
           Gambe 8‘          Flöte                            4‘   Violon       16‘
           Flöte    8‘           Flageolat                     2‘   Okt.           8‘
           Oktav   4‘                                                    Gedackt     8‘
           Flöte    4‘
           Quinte 3‘
           Okt.     2‘
           Mixtur  1 1/2

 

In den letzten Jahren versagte sie häufig, besonders bei Witterungswechsel. Die Klappenventile schlossen sich schlecht, infolgedessen ließ die Orgel des Öfteren ein sehr misstöniges Heulen hören, das als sehr störend empfunden wurde; so auch bei der Totenfeier für die verstorbene Freifrau Martha Riedesel. Daraufhin wurde dann der Umbau beschlossen; er wurde ausgeführt von Försters Geschäftsnachfolger, Herrn Nicolaus in Lich, der aus der Orgel von veralteter Bauart ein „neuzeitliches Kunstwerk“ geschaffen hat. Besonders angenehm ist der Spieltisch.

Ganz neue Register sind:

I. Man.     Prinzip           8‘      II. Man.                                       Pedal: Flöte 8‘ ist

Gambe             8‘            Geigenprinz.    8‘(alte Gambe)           Flöte in Man. II.
Doloe               8‘            Violine              8‘
Rohrflöte         4‘             Vox cölest        8‘
                                       Aeoline            8‘
                                       Quintetöne      8‘ (alte Quinte + ? )
                                       Oboe               8‘ (Violine + Quintet.)

Der Umbau kostete 6.800 M. und wurde aus dem Kirchenlegat bestritten. Leider wurde kein Motor eingebaut, da die Gemeinde damals noch ohne elektrischen Strom war.

Die umgebaute Orgel nahm eine größere Bodenfläche in Anspruch. Die dadurch nötig gewordenen baulichen Veränderungen gaben die Veranlassung, dass das ganze Innere der Kirche einen neuen Anstrich er­hielt; die „Weiberbänke“ wurden mit einem Holzpodium unterbaut und die Kirchenheizung angelegt. Das alles geschah im „Nachsommer“ 1915.

 

 

Unsere Kirchenglocken läuten

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Kurz vor dem 12 Uhr Läuten
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Uhrwerk der Kirchturmuhr

Zu jeder Stunde, zunächst viermal die Glocke 3, damit wird die volle Stunde angezeigt. Danach der Stundenschlag mit der Glocke 1 (so viele Anschläge, wie Stunden zu verkünden sind, z. B. für 7 Uhr = 7 Schläge). Auch zum Ende jeder Viertelstunde ertönt die Glocke 3 in folgender Weise: Nach dem Ende der ersten Viertelstunde einmal, nach der zweiten (also um halb) zweimal und zum Ende der dritten dreimal.

Jeden Morgen um zwei Minuten nach 7 Uhr läutet die Glocke 1 drei Minuten lang. Um zwei Minuten nach 18 Uhr das Abendläuten ebenfalls die Glocke 1, auch drei Minuten lang.

Von Montag bis Samstag läutet zusätzlich um 11:02 Uhr die Glocke 3 und um 12:02 Uhr die Glocke 1 jeweils 3 Minuten lang.

Eine Besonderheit ist das Läuten aller vier Glocken für drei Minuten am Samstag um 14:02 Uhr (im Dorf heißt es dann: De Wochehannes werd begrowe).

Jeden Sonntag erklingt um 9:02 Uhr die Glocke 1 drei Minuten lang.

Zehn Minuten vor Beginn rufen uns alle vier Glocken zu unseren Gottesdiensten.

Während des Gebets Vaterunser wird die Glocke 3 geläutet.

Bei der Einsegnung unserer Konfirmanden läuten alle Glocken, genauso auch bei der Einsegnung des Brautpaares bei Hochzeiten.

Besonderes Läuten bei Beerdigungen unserer Gemeindemitglieder:

Am Abend vor der Beerdigung, um 18:02 Uhr, läutet die Glocke 2 drei Minuten lang.

Am Tag der Beerdigung läuten alle vier Glocken um 10:02 Uhr drei Minuten lang, dann noch einmal zehn Minuten zum Beerdigungsgottesdienst.

Am 1. Januar um 0:02 Uhr begrüßen alle vier Glocken zehn Minuten lang das neue Jahr.

Das Läuten immer zwei Minuten nach der vollen Stunde hat seine Ursache darin, dass zunächst das automatisch eingestellte Stundenläuten den Vorrang hat.

Unsere Glocken erklingen in folgenden Tonlagen:

Die Glocke 1 in G, die Glocke 2 in H, die Glocke 3 in D und die Glocke 4 in E.

Hier können Sie unserem Glockengeläute zuhören. Einfach das Glockenbild anklicken. Die „Heimatglocken“ erklingen in der ganzen Welt, egal wo Sie sich gerade befinden.

Die Reformation im Riedeselischen Land

Aus: „Heimatgruß“ Nr. 25 vom Oktober 1917 des evang. Gemeindeblattes für Stockhausen, Schadges und Rixfeld, Herausgeber Pfarrer Gengnagel, Stockhausen, Hessen

Unter allen ritterschaftlichen Gebieten hat das riedeselische Land den Ruhm, das erste gewesen zu sein, in dem die Reformation durchgeführt wurde. Dies hat seinen Grund in den engen Beziehungen, die der damals regierende Senior des Hauses, der hessische Erbmarschall und Statthalter an der Lahn Herrmann Riedesel III., mit dem hessischen Landgrafen Philipp dem Großmütigen verbanden.

Obwohl nach Luthers mannhaftem Bekenntnis auf dem Reichstag zu Worms 1521 der größte Teil des deutschen Volkes im Herzen bereits evangelisch gesinnt war, hatte der damalige Kaiser Karl V. durch die Achtserklärung gegen Luther und alle seiner Anhänger es vorläufig unmöglich gemacht, die katholischen Zeremonien auf Grund von Gottes Wort abzuschaffen oder zu reformieren. Erst durch das entschiedene Auftreten Landgraf Philipps und der übrigen evangelischen Fürsten und Stände auf dem Reichstag zu Speyer 1526 wurde der Kaiser genötigt, das Wormser Edikt mit der Achtserklärung gegen alle Anhänger Luthers aufzuheben und zu beschließen, dass jeder in Religionssachen sich so verhalten solle, wie er es sich vor Gott und dem Kaiser zu verantworten getraue.

Auf Grund dieses Reichstagsbeschlusses von 1526 haben die evangelischen Fürsten und Stände die Reformation in ihren Landen eingeführt. Als erster durch den Landeskirchentag in Homberg an der Efze am 20. Oktober 1526 in Hessen Landgraf Phillip der Großmütige. Fast gleichzeitig mit ihm sein langjähriger Freund, der Erbmarschall Hermann Riedesel in seinen riedeselischen Gerichten. Die riedeselischen Gerichte umfassten damals in unserer Gegend zwölf Pfarreien oder Kirchspiele: Lauterbach mit Maar, Angersbach, Eisenbach mit Frischborn, Engelrod mit Hopfmannsfeld, Landenhausen, Nieder-Moos (1524 von Crainfeld abgetrennt), Stockhausen mit Altenschlirf, Wallenrod, Schotten, Ohmen und Eichen. In Freiensteinau war die Pfarrbesetzung mit Fulda streitig.

Hermann Riedesel, der als hessischer Statthalter an der Lahn in Marburg wohnte, war als Freund Landgraf Philipps schon früh mit Luther und der Reformation vertraut und gleich ihm seit Jahren im Herzen ein überzeugter Anhänger der evangelischen Lehre. Die Einführung der Reformation im Riedeselischen hat auf dieselbe Weise wie in Hessen und Sachsen stattgefunden.

Eine aus Geistlichen und riedeselischen Beamten bestehende Visitationskommission reiste 1527 von Pfarrei zu Pfarrei, stellte die „papistischen“ (päpstlichen) Zeremonien ab, prüfte die Geistlichen auf ihre Kenntnisse der Bibel, sorgte für Pensionierung untauglicher und für Anstellung studierter evangelischer Prediger, für Spendung des hl. Abendmahls gemäß den Einsetzungsworten, für Einführung des Jugendunterrichts und geordneter Verwaltung des Kirchenvermögens. Erleichtert wurde die Einführung der Reformation dadurch, dass die Herren Riedesel in ihren sämtlichen Gerichten die Kollatur d. h. das Präsentationsrecht der Geistlichen besaßen.

Im Riedeselischen Archiv in Lauterbach befindet sich ein Schreiben Hermann Riedesels an Landgraf Philipp vom Montag nach Michaelis (30. September) 1527, aus dem hervorgeht, dass bereits 1527 der erste Pfarrer in Lauterbach, der zweite Pfarrer in Lauterbach, zugleich Altarist in Maar, sowie der Frühmessner in Engelrod evangelisch waren und dass Stockhausen durch den evangelischen Pfarrer von Herbstein, Kaspar Haun, versehen wurde. Dies letztere beweist, dass das fuldische Städtchen Herbstein bereits um diese Zeit gleichfalls evangelisch war. Um 1530 waren auch bereits alle anderen Pfarreien unserer Gegend mit ev. Pfarrern besetzt. Und wenn der Pfarrer Kaspar Haun auch bald danach vom Abt wegen seiner evangelischen Predigt aus Herbstein vertrieben wurde, so hat Herbstein vom Anfang der vierziger Jahre bis 1604 evangelische Pfarrer gehabt. Kurz nach dem Speyerer Reichstag von 1529 starb Hermann Riedesel, der Reformator des Riedeselischen Landes. Ein eifriger Förderer und Beschützer des verfolgten evangelischen Glaubens zur Zeit des schmalkaldischen Krieges war sein Enkel Adolf Hermann der Gerechte, der Erbauer der Hermannsburg in Stockhausen, wie sein Großvater ein in jeder Hinsicht hervorragender Mann. Sein Schloß (in Stockhausen) war in schwerer Zeit die gastliche Zufluchtsstätte vieler um ihres Glaubens Willen vertriebener evangelischer Prediger. Nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 war es erst möglich, den durch den Krieg unterbrochenen und durch das Interim gefährdeten Ausbau der evangelischen Kirchen in den verschiedenen Landesteilen zu Ende zu führen. Wie in Hessen, so fand auch im Riedeselischen Gebiet 1556 eine außerordentliche Kirchenvisitation statt, die zum Erlaß der „Kirchenordnung der Riesdesel zu Eysenbach“ führte (15. Januar 1557). Damit war der Grundstein zu der evangelisch lutherischen Kirche im Riedeselischen Gebiet gelegt. Erwähnt sei noch, dass sowohl das Lauterbacher Hospital wie auch die Lateinschule daselbst Schöpfungen der Reformationszeit gewesen sind.

Die 400jährige Jubelfeier der Reformation erinnert uns an die heilige Pflicht der Dankbarkeit, stolz und mit Liebe und Verehrung der Männer zu gedenken, die in entscheidungsvoller Zeit für den Sieg des lauteren Gotteswortes in unserer Heimat gestritten und gelitten haben.

Oberpfarrer Knodt in Schlitz

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