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Fachkräftemangel auch bei Kirche

Strukturreform wirkt auch gegen Vakanzen-Stress

Deutschland, Bremen Gottesdienst für Kinder und Jugendliche in der Bremer Friedensgemeinde. Foto: Karsten Klama / Visum

Bundesweit bleiben Pfarrstellen häufig unbesetzt. Die evangelischen Kirchen müssen sich strecken, um theologischen Nachwuchs zu bekommen. Eine Strukturreform wie „ekhn2030“ kann entlastend wirken.

Von Nils Sandrisser (epd) 

Der Fachkräftemangel ist mittlerweile auch bei der evangelischen Kirche angekommen. Bis zu 30 Prozent unbesetzte Pfarrstellen könne man beobachten, sagt Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbands evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland. Tendenziell gebe es mehr Vakanzen auf dem Land als in Städten, obwohl das je nach Landeskirche unterschiedlich sei.

Zeitgemäßes Berufsbild sei gefragt

Unterschiedlich sind nach Kahnts Worten auch die Belastungen, die eine Vakanz für die benachbarten Pfarrstellen mit sich bringt. Natürlich müssen die anderen Pfarreien die Aufgaben übernehmen: Gottesdienste, Seelsorge, Beerdigungen. Müsse die Vertretung beispielsweise auch zehn Stunden Schulunterricht pro Woche übernehmen, sei so eine Vakanz „schon eine Herausforderung“, sagt Kahnt.

Vor allem müssten die Kirchen das Berufsbild zeitgemäß gestalten, sagt Kahnt, mit Vertretungsregelungen und verlässlicher Freizeit. Denn heute wolle kaum noch jemand eine Arbeit haben, in der er rund um die Uhr erreichbar sein müsse.

Nachwuchsgewinnung und -pflege

Das Dekanat Bergstraße in Südhessen geht den Weg der Nachwuchsgewinnung und -pflege. „Entscheidend ist, ein positives Bild der Landeskirche als Arbeitgeber zu vermitteln“, erklärt Dekan Arno Kreh. Sein Dekanat unterstützt Theologiestudierende mit 50 Euro Büchergeld pro Semester und mit der Vermittlung von Praktikumsplätzen, zum Beispiel in Kirchengemeinden, Krankenhäusern oder Gefängnissen.

Und Kreh hält persönlich Kontakt: Ein Mal im Jahr lädt er seine Theologiestudierenden ein und spricht mit ihnen. „Das ist ein Signal des Dekanats, dass es sich dafür interessiert, wie es bei ihnen läuft“, erläutert er. Auch nach dem Studium hält Kreh Kontakt zum Nachwuchs. Er lade Vikarinnen und Vikare - also Pfarrpersonen in der Ausbildung - zu Gesprächen ein, sagt er.

Strukturreform führt zu Entlastung und macht fit für die Zukunft

Das Dekanat Biedenkopf-Gladenbach liegt im ländlichen Mittelhessen, ein kleines Zipfelchen Nordrhein-Westfalen gehört auch dazu. Trotz seiner ländlichen Struktur sind hier aktuell alle Pfarrstellen besetzt. Vor zwei Jahren habe es im Dekanat noch viele Vakanzen gegeben, berichtet Dekan Andreas Friedrich. Dass das gerade anders ist, liege wahrscheinlich unter anderem daran, dass das Dekanat bei der Strukturreform schon viel von seinen Hausaufgaben erledigt habe.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau baut nämlich gerade die Struktur ihrer Gemeinden um, „ekhn2030“ heißt der Transformationsprozess. Einzelne Kirchengemeinden schließen sich zu Nachbarschaftsräumen zusammen, in denen mehrere Pfarrerinnen und Pfarrer zusammenarbeiten, außerdem kirchenmusikalisches und gemeindepädagogisches Personal. Kurzum, es geht darum, die EKHN mit weniger Ressourcen fit für die Zukunft zu machen. Ähnliche Reformprozesse laufen auch in anderen Landeskirchen.

Im Zuge von „ekhn2030“ entfallen Pfarrstellen. Aber das sei nicht allein der Grund, warum sein Dekanat derzeit gut dastehe, sagt Friedrich. Rückmeldungen, sagt er, legten nahe, dass es Pfarrerinnen und Pfarrer schätzten, wenn sie sich auf die Gemeindearbeit konzentrieren könnten. „Da haben wir einen Vorsprung vor anderen Dekanaten“, erklärt er.

Das werde nicht so bleiben, da habe er keine Illusionen, sagt der Dekan. Auf lange Sicht müsse man sich bei der Gewinnung von Nachwuchs mehr strecken. Junge Leute könnten etwa durch Praktika, Ehrenamt oder ein Freiwilliges Soziales Jahr in die Gemeindearbeit hineinschnuppern und so den Weg in ein Theologiestudium und ins Pfarramt finden, hofft er.

 

 


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